Diesel-Tuning - und was davon zu halten ist ...
Insbesondere für die Fahrzeuge mit
Dieselmotor werden immer wieder Tuning-Kits angeboten, die angeblich mit
geringem Aufwand bis zu 30% Mehrleistung ermöglichen sollen. So etwas ist
zwar grundsätzlich möglich; ein gekonntes Dieseltuning setzt jedoch sehr
intime Kenntnisse der Serienmotors und seiner Bauteile voraus, um keine
kurz- oder langfristigen Schäden zu provozieren. Professionelle
Fahrzeugtuner ändern in den allermeisten Fällen nicht nur ein wenig an
der Elektronik, sondern verstärken mit teilweise enormem Aufwand auch
Motorbauteile (z.B. andere Kolben, Nockenwelle, Turbolader, ...).
Ein reines Chiptuning verzichtet auf diese teuren Bauteilanpassungen und
erzielt eine evtl. Mehrleistung alleine über geänderte
Motorbetriebsparameter.
Der prominenteste Anbieter eines
Tuning-Chips für RAV4.2 ist TTE, ein
Toyota-Tochterunternehmen. Beim fachgerechten
Einbau deren Tuningchips bleibt sogar die Werksgarantie erhalten,
ausserdem ist eine TÜV-Abnahme problemlos möglich. Genauere Informationen
finden sich auf der Beschreibungsseite
sowie in der Produktbroschüre.
Ich persönlich rate -wenn überhaupt eine Tuningmassnahme durchgeführt
werden soll- ausschliesslich zum TTE-Chip, denn einer Toyota-Tochterfirma
ist noch am ehesten zuzutrauen, dass sie wissen, welche Reserven der Motor
bietet und an welchen Parametern sinnvolle Änderungen überhaupt möglich
sind. Preis: ca. EUR 900,-
Leider bietet TTE bisher keinen Chip für den RAV4.3 D-CAT an: für TTE
lohnt es sich wohl nicht mehr.
Daneben tummeln sich aber noch viele andere
Anbieter solcher "Steuerboxen". Es ist schlechterdings kaum vorstellbar,
dass alle diese Anbieter einerseits genaue Kenntnisse über die Auslegung
der Toyota-Serienmotoren haben und andererseits genügend Zeit, Geld und
Ressourcen aufgewendet haben, die Auswirkungen der von ihnen vertriebenen
Produkte einer ernsthaften Dauererprobung am betreffenden Fahrzeug zu
unterziehen. Die Langzeitschäden am Fahrzeug gehen damit voll zu Lasten
des mutigen Kunden. Übrigens führt diese "gründliche Entwicklung" in den
allermeisten Fällen nebenbei auch dazu, dass es zu den "Tuningchips" keine
ABE oder Typprüfung und somit auch keine einfache TÜV-Eintragung gibt -
der Betrieb eines solchen Chips ohne TÜV-Abnahme ist dann zumindest in
Deutschland nicht zulässig; das Fahrzeug wird ohne gültige Zulassung und
in Konsequenz auch ohne Versicherungsschutz betrieben!
Einige Anbieter von Tuningchips seien nachfolgend aufgezählt (ohne
Anspruch auf Vollständigkeit):
-
KW Systems bietet eine "Powerbox"
an. Auszug aus dem Text der Webseite:
"Parallel zur Verbreitung moderner elektronisch geregelter
Einspritzsysteme in den heutigen Dieselfahrzeugen haben unsere
Motorenentwickler einen Zusatzcomputer (POWERBOX) entwickelt, der in
kompakter Bauweise zwischen elektronischem Dieseleinspritzsystem und
Motorsteuergerät installiert, je nach Motortyp die Motorleistung und
das Drehmoment um 20-35% erhöht. Unsere seit 1987 mit
Ladeluftkühlernachrüstungen gesammelten Erfahrungen fliessen in
jede neue Produktentwicklung ein"
- na ja. Im Endeffekt ist das meines Erachtens keine echte
Neuauslegung der Motordaten, stattdessen werden der Serienelektronik
abweichende Messwerte z.B. des Raildruck oder des Ladedrucksensors
vorgegaukelt, die dann zwar zu höherer Leistung, aber eben auch zu
deutlich höherer Belastung der Motorbauteile führen. Vom TÜV ist
bei der ganzen Sache keine Rede, nur davon, dass die
Leistungssteigerung bei der Inspektion nicht entdeckt oder
rückgängig gemacht werden könne ... Preis: EUR 779,- bzw. 1279,-
-
Chip-Tuning Austria
wirbt immerhin mit einigen angeblich TÜV-abgenommenen Erzeugnissen
(jedoch ohne nähere Angaben dazu).
" Die Chips sind Zwischenmodule in den Versorgungsleitungen zur
Einspritzpumpe. Je nach Modell besteht die Möglichkeit, einen
zusätzlichen Kippschalter anzubringen, um die Mehrleistung ab- bzw.
zuzuschalten (z. B. für Präsentationszwecke)."
- alles klar? Auch hier geht es darum, möglichst einfach die
Motorelektronik so zu belügen, dass sie glaubt, derzeit mit wenig
Leistung zu fahren und also über die eigentlichen Auslegungsgrenzen
hinaus aufzulegen ... immerhin gibt der Anbieter zu, dass die
Werksgarantie damit erlischt. Preis: EUR 580,- plus EUR 86,- für das
"Gutachten"
-
Küberl Tuning
scheint ein recht ähnliches Produkt anzubieten - von daher ist auch
dasselbe davon zu halten wie vorstehend ... Preis: ca. EUR 600,- plus
EUR 84,- für das "Gutachten"
-
"Die SPEED-BUSTER® Tuning-Boxen sind so auf das jeweilige
Fahrzeug abgestimmt, dass alle Motor-Parameter wie Temperaturen,
Drücke, Drehzahlen etc. innerhalb der vom Hersteller definierten
Grenzen bleiben. Schutzfunktionen wie Notlauf-Programme etc. bleiben
vom Tuning unbeeinflusst und funktionieren uneingeschränkt. Unter
normalen Fahrzuständen ist also weder mit erhöhtem Verschleiß noch
mit erhöhter Defekt-Anfälligkeit zu rechnen." ("unter normalen
Fahrzuständen?" - aha) Preise im WebShop: EUR 577,92 bzw. EUR 461,16
Wie könnte ich denn wirksam tunen?
Grundsätzlich gibt es tatsächlich Fahrzeughersteller, die manche
Modelle mit vollkommen gleicher "Hardware" in unterschiedlichen
Leistungsstufen verkaufen. In diesen seltenen Fällen ist es tatsächlich
möglich, durch Änderung der Motorsteuergeräteprogrammierung eine
höhere Leistung ohne nennenswerte schädliche Nebenwirkungen zu
erhalten.
Diese Fälle sind jedoch gerade im
PKW-Bereich die absolute Ausnahme. Warum? Weil kein Hersteller in
grösseren Mengen teurerer Teile verbauen will als unbedingt nötig. Daher
haben leistungsschwächere Varianten eben in den allermeisten Fällen doch
andere Einspritzdüsen, billigere Turbolader, weniger hochwertige Kolben,
etc... Wird in einem solchen Fall die Leistung per Elektronikeingriff
heraufgesetzt, so drohen kurz- oder langfristig echte
Überlastungsschäden.
Besonders gefährlich wird es dann, wenn dieser Elektronikeingriff auf
"primitive" Art und Weise ohne sehr intime Kenntnisse der Inhalte des
Original-Motorsteuergerätes erfolgt, beispielsweise durch einfache
Manipulation des vom Raildrucksensor erfassten Wertes. Nehmen wir einmal
an, der Motor hat im Serienzustand im Leerlauf einen Raildruck von 800 bar;
bei Vollast einen von 1600 bar. Einfache Tuningboxen melden den Wert des
Raildrucksensors reduziert an die Motorelektronik weiter; die regelung
reagiert auf den vermeintlichen Minderwert und was passiert: im Leerlauf
hat der Motor dann z.B. einen Raildruck von 1000 bar, bei Vollast einen
solchen von 2000 bar. Spätestens jetzt sollte jedem klar sein, dass mit
solchen Änderungen nicht zu spassen ist, denn das Rail und die
Einspritzleitungen sind auf einen Innendruck von 2000 bar nicht ausgelegt
und können im Extremfall platzen. Dass die Brennraumbelastung dann
ebenfalls von den Auslegungswerten abweicht, das Startverhalten
möglicherweise nicht mehr stimmt und die Abgaswerte auch daneben liegen,
versteht man jetzt schnell.
Zurück zur Frage: qualifiziertes und wirksames Tuning ist teuer, denn es
muss das Zusammenspiel aller betroffenen Motorkomponenten untersucht und
optimiert werden. Eine Leistungssteigerung führt oft zur Notwendigkeit
einer geringeren Vedichtung (um den Verbrennungsspitzendruck zu
begrenzen), dies bedingt andere Kolben und Kolbenringe, dies wiederum
macht Anpassungen in den Kennfeldern für Schwachlast und Startbetrieb
erforderlich ... und letztenendes muss der entstandene Tuningmotor mit
seiner höheren Leistung TÜV-geprüft werden (Abgaswerte!) sowie in
einer Menge von einigen -zig Exemplaren einer Dauererprobung (zum
Erkennen lebensdauerverkürzender Probleme) unterzogen werden.
Das kostet viel Zeit, viel Geld und erfordert viel Fachwissen.
Ich glaube daher nicht, dass ein kleiner
Anbieter von Tuningboxen (die an achtzig oder mehr als hundert
unterschiedlichen Fahrzeugen einsetzbar sein sollen) diese
Entwicklungsleistungen wirklich erbringen kann. Am ehesten sind seriöse
Tuningmassnahmen direkt vom Hersteller oder einem eng mit seiner
Entwicklung zusammenarbeitenden Betrieb zu erwarten.
Beispiele: BMW - Alpina,
Mercedes - AMG,
Audi - Abt,
Toyota - TTE.
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